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Sprache lernen durch Theater

„Versteht ihr diese Redewendung: Sich die Beine in den Bauch stehen?“ Zum Glück müssen Deutsche nicht deutsch lernen. Die Schülerinnen und Schüler der „Internationalen Klasse mit besonderem Förderbedarf“ am Anne-Frank-Berufskolleg müssen diese Sprache lernen und wollen es. Damit ihnen vor lauter Grammatik, Vokabeln und seltsamen Redewendungen nicht Freude und Verständnis verloren gehen, dafür sorgt unter anderem Carsten Bender.

Bender hat von Barbara Kemmler (Theater Cactus) das Kultur- und Schule-Projekt übernommen. Die 17- bis 19-Jährigen aus verschiedenen Ländern sind dabei, sich mit viel Engagement und Neugier die deutsche Sprache einzuverleiben. Das Thema des Projekts, das der Theatermacher von Gloster Productions in Begleitung mit Christian Franke (Fachlehrer) und Uwe Pöhler (Klassenlehrer) anbietet, dreht sich um Missverständnisse im Alltag und heißt zupackend: „Versteh ich nicht, gibt's nicht!“. Ziel sei es, so Bender, nicht nur richtiges Deutsch als Funktion, sondern Sprache als Ausdrucksmittel kennenzulernen. Dabei legt Bender (selbst ein exzellenter Sprecher) Wert darauf, einen emotionalen Zugang zur Sprache zu vermitteln - zum Beispiel Vokale als Träger der Gefühle. Und das trägt Früchte, wie drei 17-jährige Mitglieder der Klasse berichten.

Hala Shteoe zum Beispiel: „Vor zwei Monaten war meine Aussprache noch so schlecht“, meint sie selbstkritisch und freut sich: „Wir haben so viele Texte gesprochen, damit ist meine Aussprache jetzt sehr gut .“ Die Arbeit ist zugleich alltagsbezogen, wie Bisma Ali berichtet: „Wir denken uns Situationen aus, schreiben die auf und spielen sie nach.“ Dann werden zum Beispiel Szenen zunächst in der Muttersprache gespielt und dann auf Deutsch. Mit Mimik und Gestik spricht sich diese schwere Sprache eben leichter. Dass Deutsch schwer ist, bestätigt Prasikshya Pathak, und die beherrscht immerhin fünf Sprachen: Nepalesisch, Englisch, Italienisch, Urdu und Deutsch. Vor allem: „Die Artikel zu erinnern, die Aussprache und die grammatischen Regeln im Alltag anzuwenden, das ist schwierig.“ Indes: Auch bei einigen Deutschen steht die Sprachkompetenz auf tönernen Füßen. Da könnte ein Theaterbesuch helfen.

Text: Gerhard H. Kock (WN) | Foto: Carsten Bender